Der Geist, der antreibt

Ökumenische Klimaandacht in der Aegidienkirche Hannover

So langsam wird es eine Tradition: Bereits zum vierten Mal haben die Christians for Future, die katholische Basilika St. Clemens und die Evangelisch-reformierte Kirche zu einer ökumenischen Klimaandacht in die Aegidienkirche eingeladen – am Vorabend des globalen Klimastreiks, zu dem die Bewegung Fridays For Future aufgerufen hat.

Der Leitgedanke des Streiks in Hannover prägt auch die Andacht: #EndFossilFuels – Für eine sozial gerechte Verkehrswende in Hannover. Rocco von Fridays for Future erläutert nach der liturgischen Eröffnung durch den katholischen Pastor Daniel Konnemann den Hintergrund der Aktion: „In Hannover gibt es weder eine große Verkehrswende noch die Voraussetzung, diese sozial gerecht zu gestalten.“ In den Öffentlichen Personennahverkehr werde viel zu wenig investiert. Die Arbeitsbedingungen der Bus- und Bahnfahrer*innen sind seinen Worten nach katastrophal. „Der Ausbau des ÖPNV soll nicht auf den Kosten der Bus-  und Bahnfahrer*innen ausgetragen werden, sondern auf den Kosten des Individualverkehrs“, fordert Rocco für Fridays for Future. Doch stattdessen werde in den autobahnähnlichen Ausbau des Südschnellweges in Hannover investiert: „Das kostet Zeit, die für nicht haben, um etwas gegen den Klimawandel zu tun und es kostet Geld, das in den ÖPNV investiert werden muss.“

In zwei kurzen Interviews wird die Forderung nach einer sozial gerechten Verkehrswende weiter unterstrichen. Für das Bündnis „Leinemasch BLEIBT“, das sich gegen den Ausbau des Südschnellweges einsetzt, hebt Monika hervor: „Wir sind gegen den Ausbau, gegen das Roden von Bäumen, sondern für eine Sanierung der Straße im Bestand.“ Noch mehr Autobahnkilometer zu bauen, wie es die Bundesregierung plane, sei aus der Zeit gefallen: „Für uns muss es aufhören mit Flächenversiegelung und mehr Individualverkehr.“ 

Für Josephine von der „Letzten Generation“ ist der Ausstieg aus fossilen Energien bis zum Jahr 2030 eine „physikalische Notwendigkeit“. Nur so könnten völkerrechtlich verbindliche Klimaabkommen umgesetzt und der Feststellung des Bundesverfassungsgerichtes vom April 2021, dass eine heute unzureichende Klimaschutzpolitik Freiheits- und Grundrechten von morgen beeinträchtigt, Rechnung getragen werden: „Um den Ausstieg sozial gerecht zu gestalten, gibt es die Möglichkeit, einen Gesellschaftsrat einzuberufen.“ Spontan gelost, repräsentativ zusammengesetzt würde dieser Rat die parlamentarische Demokratie ergänzen.

Beide Aktivistinnen eint eines – die Hoffnung, dass ihr Engagement Dinge zum Guten wendet. Josephine macht es "traurig, dass Tier und Pflanzenarten ausgerottet und Menschen ihre Lebensgrundlagen verlieren." Es mache sie wütend, dass trotz des Wissens um diese ökologische Krise Regierungen der Wille fehlt etwas zu tun. Doch diese Gefühle sind es, die sie selbst in Handeln bei der "Letzten Generation" bringt. Monika von "Leinmasch BLEIBT" setzt auf Solidarität und Gerechtigkeit – Werte, die eine Haltung prägen, die der nachfolgenden Generation eine Zukunft ermöglichen.

Für Daniel Konnemann ist es wichtig, Furcht und Hoffnung in einer solchen Klimaandacht vor Gott zu bringen: „Gottes Plan ist ein gutes Leben für alle“, ruft er in Gedächtnis. Dabei geht es um Verantwortung und Fürsorge, um ein gutes Miteinander: „Diesen Geist hat Gott uns geschenkt – ein Geist, der uns antreibt, der uns aufstehen lässt, diese Welt zu verändern und Hoffnung schenkt.“

Wie diese Hoffnung aussehen kann, beschreibt zum Ende der Andacht Martina von den Parents For Future: „Wir haben recherchiert, wo es für die Vorstellung einer klima- und sozialgerechten Welt Best Practice Beispiel gibt.“ Und: „Wir haben erfreulich viel gefunden.“ Das wurde in einer kompakten, transportablen Ausstellung zusammengetragen, die an einer Mauer der Aegidienkirche an einer Leine befestigt wurde. Deren Titel: „Visionen für ein klimagerechtes, buntes und lebenswertes Hannover 2035“. Es geht um Bildung und Mitsprache, um erneuerbare Energien und Gemeinwohl-Ökonomie, um grüne Wohnquartiere, vegetarisches Essen und um einen guten öffentlichen Personalverkehr.

Zur Klimaandacht haben Christians For Future, die katholische Basilika St. Clemens und die evangelisch-reformierte Kirche in Hannover wiederin die Aegidienkirche eingeladen. Unterstützt wurde sie von der evangelisch-lutherischen Marktkirche, der Katholischen Hochschulgemeinde, der evangelischen Studierendengemeinde, der evangelischen Jugend Hannover, der katholischen St. Ursula Schule und nicht zuletzt von Fridays For Future Hannover.

  • Die Ausstellung „Visionen für ein klimagerechtes, buntes und lebenswertes Hannover 2035“ lässt sich bei den Parents for Future ausleihen. Mail an hannover(ät)parentsforfuture.de genügt. Das dazugehörige Heft kann unter Downloads zum Thema heruntergeladen werden. 

Rüdiger Wala